Editorial: AFRIKA = MALI, MALI = AFRIKA | 3 POSITIVE VISIONEN – 3 visions positives de l’Afrique

– Version française: page 2, à cliquer en dessous des textes en allemand (tout en bas!) –

Liebe Leserinnen und Leser,

von Andreas Fecke und Reinhild Kim-Bathily (Bloggründerin hier)

Welcher andere Kontinent sieht sich selber so „kontinental“ wie Afrika – und wird von aussen so gesehen – ?

Sicherlich führten teilweise unterschiedliche Episoden der vorkolonialen, der kolonialen und der postkolonialen Geschichte Afrikas zu „regionalen Spezialitäten“ in punkto der Probleme/ Krisen/ Katastrophen,
wie auch zu positiven Geschichten und der im 21. Jahrhundert endlich beginnenden positiven Geschichte auf dem Kontinent.

Sicherlich
führen hier immer häufigere Sintflutregen und Überschwemmungen, dort immer häufigere Dürren zu im Vorhinein zerstörten Ernten und zu Hungerflüchtlingsbewegungen.
Sicherlich gibt es noch viele Despoten alten Typs. Zu viele.

Sicherlich helfen die Politiken des Nordens bei all diesen Problemen momentan oft nicht einmal aus – die Frage, ob sie (und ihre Bevölkerungen) das wirklich wollen, steht im Raum.

Insgesamt gesehen sind jedoch die meisten Geschichten aus allen einzelnen afrikanischen Ländern Geschichten des gesamten Kontinentes und der Geschichte und Zeitgeschichte Afrikas:

Irgendwo (vielerorts) finden immer noch Bürgerkriege, Völkermorde, Massenvergewaltigungen von Frauen, Beschneidung von Mädchen statt, und vieles mehr, irgendwo findet immer noch übelste Diskriminierung statt.
Irgendwo (vielerorts) gibt es authentische demokratische Entwicklungen, Politik im Sinne der Sorgen der Bevölkerungen, eine wachsende Kraft der Zivilgesellschaften und der NGOs.

Manchmal passieren diese beiden „irgendwo“ gleichzeitig, in einer Nation, in einer Region.

Mali ist eine – nicht gewachsene, sondern von Kolonialmächten auf der Landkarte gezeichnete – „afrikanische Nation“. Mali gehört zur Sahelzone, zum subsaharischen schwarzen Afrika, zum Durchflussbereich des Flusses Niger, zu verschiedenen ökonomischen und politischen Verbänden. Mali ist aber genau so Afrika wie Tunesien im Norden und Simbabwe ganz im Süden.

Überall in Afrika, an sehr vielen Orten, geht es heute um mindestens drei Dinge: Optimismus, wirtschaftlichen Fortschritt und Verteilungsgerechtigkeit, sowie Stolz und Menschenwürde.

Drei Autoren sprechen jetzt hier über diese drei Dinge, sie gehören nicht dem Blogteam an, sie schrieben auf englisch für die Webseite „Africa The Good News“, sie wurden übersetzt von Freunden.

Anstelle eines Editorials also:

1. Afrikas Hoffnung: Die Macht des positiven Denkens

Published on Friday, 08 October 2010
von Charlotte Sutherland , übersetzt von Hermanitou – (Original und Autorinnenverweis hier)

Stellen Sie sich Afrika vor von seiner besten Seite. Stellen Sie sich ein überwältigendes Potential vor, daß sich in einer gewaltigen Explosion entladen könnte. Stellen Sie sich vor, was möglich wäre, wenn mehr Menschen, Afrikaner und Nichtafrikaner, an Afrika glauben würden. Unzählige Menschen haben schon bezeugt, was die Macht des positiven Denkens und seines Erfolgs in ihrem Leben bewirkt hat. Auf dem Prinzip beruhend, daß positive Energie noch mehr positive Energie anzieht – auch als „Gesetz der Anziehung“ bekannt – ruft dieses Blog jeden (also auch Sie!) dazu auf, von ganzem Herzen an Afrika zu glauben.

Eine Person macht schon einen Unterschied, aber falls Millionen es sich kurz-und langfristig zu eigen machen, Hoffnung und Glauben für Afrika zu hegen, könnte diese kombinierte Masse an positiver Energie helfen, dauerhaftes Wachstum und Fortschritt für den afrikanischen Kontinent herzustellen.

Fürwahr, negative Gefühle, Gedanken und Artikel über den Zustand von Afrika beschreiben den derzeitigen Zustand einiger Dinge in ihrem derzeitigen Ausmaß. Und es ist auch wahr, daß dieser anhaltend negative Fokus auf Dinge, die wir in Afrika nicht wollen, ganz einfach immer mehr davon produziert – Hungersnot, Gewalt, Korruption und so weiter…

Einige Leute nennen ihre negative Haltung „Realismus“ und sagen, daß wir nichts verbessern können, bevor wir die Probleme und Mängel kennen, die diese Problematik verursachen. Sie ignorieren dabei ständig, daß ihr „Realismus“ tatsächlich Realität verursacht und so gefährlich ist wie eine „self-fulfilling-prophecy“ (Eine sich-selbst-erfüllende-Prophezeiung).

Tatsache ist, daß „Realismus“ für Afrika oft mit negativen Untertönen von Schuld durchdrungen ist: Laßt uns die Schuld den Kolonialisten, dem Imperialismus, der Apartheid, der Bestechung, dem Patriarchat, dem Kapitalismus, den Regierungen und den Landesverrätern an Afrikas Problemen geben. Das ist viel leichter als sich auf Lösungen zu konzentrieren,
nicht wahr?

Da gibt es einen feinen Unterschied zwischen Realismus und Optimismus. Ich schlage nicht vor, daß wir die Herausforderungen des Kontinents vergessen – natürlich müssen wir diese anerkennen, analysieren und daran arbeiten. Die geistige Haltung jedoch, mit der wir handeln, ist die Macht unseres positiven Denkens.

Wie viele positive Artikel lesen Sie in Nachrichten über Afrika? Wie viele positive Gedanken haben Sie selbst über den afrikanischen Kontinent? Ist es einfacher zu akzeptieren, daß Afrika immer hinten liegt? Ist es eigentlich schwerer zu glauben, daß Afrika ein starker, lebendiger Kontinent ist mit einem großen Potential für Frieden und all den anderen Zutaten für ein generelles Glück? Wenn man positive Dinge über Afrika liest und hört, ist man ermutigt, auch positiv über Afrika zu denken. Je mehr Optimismus wir kultivieren und unterstützen, desto mehr große Dinge werden in Afrikas Entwicklung geschehen.

Wir können die Probleme erkennen, aber diese als überwindbare Herausforderung auffassen, nicht als unbewegbare Berge! Manchmal ist dies schwer zu glauben – Bilder von Armut und Hungernot brechen mein Herz. Wie will Afrika jemals diese Dinge überwinden?

Wir müssen erkennen daß die Macht, etwas Besseres, etwas Wundervolles zu erschaffen, jenseits aller Zweifel in uns selbst lebt. Ermunterung ist positiv. Hoffnung ist positiv. Lösungen sind produktiv.

Anstatt Kampagnen gegen sexuelle Gewalt zu betreiben, sollte man Kampagnen starten, die sich auf Gleichberechtigung von Mann und Frau und auf glückliche Familien konzentrieren. Anstelle einer Forschung und eines Journalismus, der sich einzig und allein an Problemen orientiert, sollte man eine Regel einbauen, die positiven Lösungen bei den auf der Hand liegenden Fragen Rechnung trägt.

Zugegebenermaßen braucht Veränderung Zeit. Wenn Sie sich Afrika verpflichtet fühlen, brauchen Sie einen langen Atem. Und bringen Sie bitte so viele Mitstreiter mit, wie Sie können. Jeder Schritt vorwärts zählt.

Und wenn Sie auch keine direkte Hilfe leisten oder eine Spende tätigen können, werden ihre positiven Gedanken helfen, mehr gute Dinge nach Afrika zu bringen. „Vorstellungskraft ist alles. Sie ist die Vorschau auf das, was das Leben für uns bereit hält“, sagte Albert Einstein. Wer glaubt an eine helle Zukunft für Afrika? Ich auf jeden Fall!

Charlotte Sutherland                      Hope for Africa: The power of positive thinking

2. Africa is the Future

Die Zukunft heißt Afrika!
Published on Tuesday, 28 September 2010
von Nigel Mugamu – Original hier
Ins Deutsche von Hermanitou am 01/09/11

Ich bin beileibe nicht der Erste, der dieses Statement macht oder stolz diese Wahrheit verkündet.

Ja, sie lesen richtig- die Wahrheit! Afrika ist die Zukunft!

Bezugnehmend auf einen Artikel von Mc Kinsey las ich, daß die afrikanische Wirtschaft wächst, mit einer höheren Rückzahlungsrate fremder Investitionen als in irgendeiner anderen sich entwickelnden Region. An dieser Stelle muß ich etwas enthüllen: Ich bin, neben vielen anderen Funktionen, ein stolzer patriotischer Afrikaner. Ich bin absolut in meinen Kontinent verliebt.

Letzten Monat sah ich ein Video mit der Halbzeitbilanz von Zimbabwes Finanzminister Tendai Biti bei IMF , die ich auf meinem eigenen Blog veröffentlichte.

Tatsächlich hatte ich einige Zeit, um die Informationen dieses Videos in mir wirken zu lassen. Typisch für mich habe ich weitere Untersuchungen betrieben und die Nuancen der derzeitigen Wirtschaft von Zimbabwe mit verschiedenen Leuten durchdiskutiert.

Dabei wurde mir klar, daß die Wirtschaft Zimbabwes sehr viel größer ist, als wir denken. Ich respektiere daher alle Berichte des IMF, die dieser darüber erstellt, aber heute berichte ich über die tatsächliche Wirtschaft Zimbabwes und im weiteren Kontext schlußendlich auch über die Wirtschaft Afrikas.

Was meine ich damit genau?

Ich berichte, inmitten anderer Dinge, über den berühmt-berüchtigten Informationsstand. Mit der fehlenden genauen statistischen Information, so wie Percy Takunda vom Imara Asset Managenemt es ausgeführt hat, hat der IMF die Wirtschaftsleistung von Zimbabwe auf annähernd fünf Milliarden USD geschätzt.

Ich mag mich wie eine Schallplatte mit Kratzern anhören, wenn ich dies sage, aber ich bin nun mal eindeutig ein Wirtschaftswissenschaftler.

Ich höre und lese unterschiedliche Geschichten, wie Menschen Zahlen benützen und sich auf diese verlassen, z.B. über Arbeitslosigkeit, Inflation und Zinsen. Ich stimme zu, daß diese Informationen wichtig sind und es ist vielleicht sicherlich zu vermuten, daß diese in mehr formalen und durchorganisierten Marktwirtschaften wie Großbritannien mehr Bedeutung haben.

Trotzdem plädiere ich für Berichte, die die wirklichen Bedingungen in Afrika berücksichtigen. Im Großen und Ganzen ist der Markt in Zimbabwe und in der Tat der ganze afrikanische Markt in vielerlei Hinsicht unorganisiert. Vijay Mahajan beschreibt in seinem Buch „Africa Rising“ es am Besten, wenn er dort schreibt, daß „die afrikanische Marktwirtschaft informell und unorganisiert ist, so daß das Gründen von (Absatz)chancen oft bedeutet, einen Weg zu finden, den Markt zu organisieren. Unternehmen finden neue Absatzmärkte, indem sie informelle und illegale Märkte in offizielle Märkte umwandeln und „Second – Hand-Märkte organisieren.“ Ich kann mich diesem Statement nur anschließen.

Während die Wirtschaft Zimbabwes die letzten 10 Jahre massiv den Bach runter ging, stieg die Arbeitslosenrate beträchtlich und es wurde gesagt, sie sei annähernd bei 80 oder 90% .

In bester zimbabweanischen Lebensart machten die, die vormals eine Arbeit hatten, so zum Beispiel meine Tante, die für eine Bekleidungsfirma arbeitete, „einen Plan“ und den meisten gelang es, verschiedenste Wege zu finden, um weiterhin Essen auf den Tisch stellen zu können. Ich habe hier einige Beispiele, die mir aktuell bekannt sind: –

Farai, der Installateur

Meine Eltern pflegten einen Installateur, der sein Gewerbe angemeldet hatte, zu beauftragen. Sie kannten Farai über mehrere Jahre hinweg und ich sah ihn, als ich im Juni zu Hause war. Wir sprachen ausführlich über seine Arbeit und seine Gedanken zur Ökonomie. Farai arbeitete für ein SME Installationsgeschäft und bekam seine Betriebserlaubnis, als er für dieses Unternehmen arbeitete.

Der vorherige Besitzer hatte genug von Zimbabwe, von den Auflagen, ein Geschäft in in einer Umwelt zu betreiben, in der die Inflation galoppiert, und wanderte mach Australien aus. Der neue Besitzer verkleinerte das Unternehmen und Farai verlor seine Arbeit. Mit seiner Lizenz und mehreren Jahren Erfahrung wagte er einen Neuanfang und arbeitet nun solo mit einem festen Kundenstamm.

Allein in diesem Jahr konnte er 3000 USD bar einnehmen, einen Standort in Chitungwiza (ein bißchen außerhalb von Harare) erwerben, ein kleines Haus kaufen und konzentriert sich nun darauf, den Hauptstandort bis zu Weihnachten dieses Jahres fertigzustellen.

Marshall, der Kleinmarktgärtner

Ich kenne Marshall persönlich, weil er zur Familie gehört, er ist mein Neffe, um genau zu sein. Er lebt in einem Dorf etwa 70 km von Harare entfernt. Die Schule war nicht sein Ding, deshalb verbrachte er einige Jahre, dies und das zu tun.

Schließlich, als er eine Frau hatte und ein Baby unterwegs war, gründete er einen Gartenmarkt. Er lebt nahe seiner künftigen Familie und ist selbstständig. Er pflanzt verschiedene Gemüse an, auch Tomaten und Karotten.

Zweimal die Woche fährt er seine Produkte nach Mbare Musika in Harare und verkauft sie seinen Kunden, den dortigen Marktstandbesitzern und einigen Geschäften. Er erreicht den Markt vor 5 Uhr morgens und um 7 Uhr morgens ist seine Arbeit dort getan.

Dann bezieht er Dünger und andere Materialien und kehrt die meiste Zeit vor Mittag nach Hause zurück. Einiges von Marshalls Gemüse endet vielleicht in den größeren Supermärkten auf der anderen Seite der Stadt. Natürlich ist das Bündel dann in drei oder vier Bündel geteilt worden und jedes Bündel wird für mehr Geld verkauft, als es Marshalls Ursprungspreis war.

Terri, die Erdnußbutterkönigin und Thembi, die Seifenherstellerin
Wie bereits ausführlich berichtet war Nahrungsmittelrationierung während den Tagen der galoppierenden Inflation in Zimbabwe an der Tagesordnung. Um diese Herausforderungen zu überwinden, äußerte sich der wahre Unternehmergeist in dem typischen zimbabwischen Mantra „dann-laßt-uns-einen-Plan machen“. Einige entdeckten eine Marktlücke und begannen sofort mit der Arbeit.

Terri begann, zu Hause Erdnußbutter herzustellen, konservierte diese und verkaufte sie an ihre Freundinnen aus der Kirche. Sie verzeichnete eine dauerhafte Nachfrage und als der Erlös stieg, ging sie auf die Supermärkte vor Ort zu und versorgte diese ebenfalls.

Zwischenzeitlich hat sich auch Terris Freundin auf eine ähnliche Reise, die durch die Mängel, die ich oben erwähnt habe, erzwungen wurden, begeben. Um ihren Einfluß und ihre Macht beim Verhandeln zu steigern, schlossen sich Terri und Thembi zu einem Team zusammen, um gegenüber anderen Supermärkten als Einheit auftreten zu können. Anfangs war es richtig knallhart, aber als sich die Rationierungen fortsetzten, gelang es ihnen, mit zwei weiteren Supermärkten Lieferverträge abzuschließen.

Trotzdem unterscheidet sich ihre Geschichte von den anderen Geschichten, die ich hier beschrieben habe. Mit der Wiedergeburt der zimbabwischen Wirtschaft nach der Gründung der zimbabwischen Einheitsregierung und der Bindung der Wirtschaft an den Dollar waren sie gezwungen, ihr Geschäft zu formalisieren.

Schlußfolgerungen
Ich weiß, daß diese Beispiele auf Zimbabwe begrenzt sind. Obwohl ich andererseits auch weiß, daß die drei Beispiele darauf hinweisen, was auch in anderen afrikanischen Ländern geschieht. Ich referiere nur über den informellen Bereich. Wie können wir tatsächlich beziffern, wie viel Farai und Marshall zu der sogenannten Fünf-Milliarden-Ökonomie von Zimbabwe beitragen?

Ohne Verkäuferlizensen oder anderen ähnlichen Instrumenten – wieviel Steuereinnahmen entgehen da der Regierung? Bestenfalls ist die einzige Steuereinnahme der Regierung die Umsatzsteuer von Farai und Marshalls Einkäufen.

Und was ist mit den anderen Steuern, die oft fälschlicherweise erhoben werden, um Sozialleistungen und ähnliches zu finanzieren? Was ist mit der Einkommensteuer? Farai und Marshall betreiben ihre Geschäfte in dem ungeregelten Markt, über den Vijay Mahajan berichtete.

Nachdem ich mehr Kenntnisse gewonnen habe und intensiv weiterhin über meinen geliebten Kontinent lese, finde ich es zunehmend schwieriger, den üblichen Statistiken so viel Aufmerksamkeit zu zollen wie ich es bisher tat; speziell den Statistiken, die offensichtlich diese augenscheinlich unbekannte informelle Branche ignorieren.

Wie beziffert man diesen bedeutenden Wirtschaftszweig, der sich quer über den Kontinent erstreckt? Ich mag ja falschliegen und ohne jeden Zweifel bin ich ein Wirtschaftswissenschaftler, aber ich vermute, daß sich in diesem Sektor einiges bewegt. Dieser bedeutende Sektor bringt Essen auf den Tisch, erzieht Kinder und hat dies die ganze Zeit schon während des letzten Jahrzehnts in Zimbabwe zum Beispiel getan. So frage ich erneut: Wie groß ist dieser informelle Wirtschaftszweig wirklich?

Die Marktwirtschaft Zimbabwes und in der Tat die gesamte afrikanische Wirtschaft ist defintiv größer als wir denken. Ich lasse mal den patriotischen Afrikaner in mir beiseite, stehe nun an dieser wichtigen Schlüsselstelle und es sind wirklich nur noch vier Worte übrig, die gesagt werden müssen:

Afrika ist die Zukunft!

Nigel Mugamu in: africagoodnews.com

3. Hoffnung entgegen aller Hoffnungen: Der würdige Geist der kongolesischen Flüchtlingsfrauen

Published on Monday, 20 June 2011

Ein Beitrag von Samira Sawlani (Original und Autorinnenverweis hier)/ Übersetzung ins Deutsche: Hermanitou

Viele von uns ziehen niemals die Möglichkeit in Betracht, daß ein Ereignis in unser Leben tritt, aufgrunddessen wir unsere Häuser und unser Leben verlassen und fliehen müssen, nicht wissend, was die Zukunft für uns bringt. Das Einzige, was wir sicher in dieser Situation wissen, ist, dass wenn wir hierbleiben, es unser Ende bedeuten könnte. Darum gehen wir.

So beginnt das Leben eines Flüchtlings.

Wir können eine Menge von Flüchtlingen lernen, und weil heute der Weltflüchtlingstag ist, dachte ich, es ist Zeit für mich, über meine Erfahrungen bei der Arbeit mit Flüchtlingen in Uganda etwas zu schreiben und darüber, was ich von ihnen gelernt habe.

Ich nahm einen Bus von Kampala nach Kisoro, eine kleine Stadt an der Grenze von Uganda-Ruanda-und der Demokratischen Republik Congo(DRC), um in einem Flüchtlingslager ehrenamtlich zu arbeiten. Im Lager traf ich Leute, die aus dem Kongo geflohen waren. Hier wurde ich Zeugin sowohl der schlimmsten als auch der besten menschlichen Natur: Es gab dort Schmerz, Wut, Trauer und Leiden, aber noch größer war die Stärke, der Mut und die Hoffnung der Menschen.

Es gab Erfahrungen, die nicht beschrieben werden können, einige davon so schmerzhaft beim Wiedererleben:

-Das Kind, das mir erzählte, daß es Arzt werden wollte, wenn es erwachsen sei und dann innehielt und mich fragte „…aber werde ich jemals wieder zurück zur Schule können?“

– Die Frau mit fünf kleinen Kindern, die von Soldaten vergewaltigt wurde, nachdem die ihren Mann vor ihren Augen getötet hatten.

– Die große Zahl der Kinder, die nicht wussten, wo ihre Eltern waren.

– Die Familie, die floh, als die Rebellen kamen, und die aus dem Nachbarhaus das Weinen eines Babys hörte und dann ihr Leben riskierte, um das Baby zu retten, das dann später an Mangelernährung starb.

– Der Mann der mit nichts ankam, aber die Bibel dabei hatte.

– Der Mann, der im Kongo ein angesehener Uni-Professor war, und, nachdem er die Grenze überquert hatte fühlte, daß er nun ein Nichts war.

Und die Geschichten häufen sich….

Es waren alles gestohlene Leben von Menschen und Gemeinschaften, die sich in den Konflikten über Bodenschätze, Stammesfehden und ethnischen Spannungen ereigneten. Diese Menschen waren keine Bürger irgendeines Landes mehr.

Sie waren nun Flüchtlinge an einem Platz, der nicht ihr Zuhause war, nicht wissend, was in dem Land geschah, daß sie hinter sich gelassen hatten und was auf ihrer Reise, die sie nun vor sich hatten, geschehen würde.

Aber heute ist nicht der Tag für die Geschichten von Trauer und Leid. Heute ist der Tag, um den Mut der Flüchtlinge weltweit zu feiern. Die einzige Sache, die ich bei jedem Flüchtling bemerkte, den ich kennenlernte, war der Mut – sehr selten gab es Tränen oder Klagen über Nahrungsmangel, Freiheitsbeschränkungen und die Abhängigkeit von uns.

Jeden Morgen als ich im Lager ankam, war es voll von Lachen: Die Kinder, viele von ihnen ohne Familie, lachten, spielten und riefen „mzungu mzungu.“ Die Frauen und Männer waren ständig gesprächig und versuchten, mit mir in Englisch zu sprechen oder brachten einen Übersetzer, um mir ihre Geschichten zu erzählen: warum sie es nicht erwarten könnten zurückzukehren. Und ihr Glaube und ihr Optimismus waren stark.

Ich will zum Schluß noch die Geschichte einer Frau erzählen, die im siebten Monat schwanger war, zwei junge Töchter hatte und zusehen hatte müssen, wie ihr Mann vor ihren Augen getötet wurde. Sie erlaubte mir, meine Hand auf ihren Bauch zu legen und zu spüren, wie ihr Baby sich bewegte. Ich fragte sie, ob alles in Ordnung sei und wie sie sich fühlte. Ich fragte, ob sie sich Sorgen mache, was als Nächstes passiere, das Baby zu bekommen ohne ihren Mann, und wie sie nun ihr Leben in einem ständigen Flüchtlingslager leben würde.

Sie überlegte einen Augenblick und sagte: “ Ich bin eine Woche gelaufen, um hierher zu kommen, bei Nacht und am Tag. Alles, um was ich bitte ist Milch, aber als ich lief, hatte ich keine Angst. Meine erste Arbeit hier wird es sein sicherzustellen, daß die Kinder in die Schule können.“

Die Frau fügte hinzu: “ Ich werde gebären und dieses Kind wird so tapfer sein wie sein Vater. Jedesmal, wenn es sich bewegt, werde ich stärker, weil ich weiß, ich muß für mich und meine Kinder sorgen. Ich habe keine Furcht. Vielleicht werden wir eines Tages zu einem friedlichen Zuhause zurückkkehren, vielleicht auch nicht. Aber wie es auch immer enden wird, wir werden versuchen, ein besseres Leben zu bekommen.“

Und schließlich sagte sie: „Wir sind Flüchtlinge, ja. Wir mögen von diesem Land und seiner Gastlichkeit abhängig sein, aber das macht uns nicht weniger menschlich oder nimmt uns unsere Würde. Wir mögen unter den Sünden derjenigen, die zu Hause sind, leiden, aber das bedeutet nicht, daß irgendeiner von uns in diesem Lager besiegt ist. Es liegt Würde darin, sich und seine Familie in Sicherheit zu bringen.“

Das ist im Kern die Stimmung aller Flüchtlinge in Afrika und weltweit, auch die Länder einschließend, die ihnen ein Zuhause geben, und ihres Versprechens, dass sie weiterkämpfen um sicherzustellen, dass sie nicht nur Opfer von Kriegen bleiben werden.

Und dort, mitten in den Bergen und im Grünen, während ich dieser Frau zuhörte, den Kindern zusah, wie sie sorglos Fußball spielten, die Frauen beobachtete, wie sie Körbe webten um ihre Langeweile zu bekämpfen, die Männer sah, wie sie diskutierten, wer denn nun mehr Knochen habe, und wie ich mit mit einer Gruppe von lachenden und kichernden Mädchen sprach, die zu mir gerannt kamen und fragten, ob sie mein Haar flechten dürften: da hörte mein Schmerz auf, den ich gespürt hatte, seit ich angekommen war.

Und auch der ständige Kampf nicht zu weinen hörte auf, weil ich dachte: wenn sie trotz allem lächeln können, dann kann ich es auch.

Samira Sawlani

Nachwort der Fast-Editorialisten:

Überall in Afrika geht es heute um mindestens drei Dinge: Optimismus, wirtschaftlichen Fortschritt und Verteilungsgerechtigkeit, sowie Stolz und Menschenwürde.

Dieses Maliblog verschweigt keine Negativa, lädt Sie dennoch ein auf eine Reise in eine der vielen Herzkammern Afrikas.
KOMMEN SIE MIT!

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Ein Gedanke zu „Editorial: AFRIKA = MALI, MALI = AFRIKA | 3 POSITIVE VISIONEN – 3 visions positives de l’Afrique

  1. Guten Tag,
    ich möchte keinen Kommentar hinterlassen sondern auf einige wichtige Dokumente zu Mali hinweisen: slate Afrique u.a. mit einem Interview mit Mathieu Guidère, Spécialiste du monde arabe et musulman; sowie auf die Anhörung im Subcommittee on Africa, Global Health, and Human Rights U.S. House of Representatives
    June 29, 2012
    Wilfried Hoffer

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